Informationsveranstaltung Windenergie

Bürgermeister Klaus Kertzscher eröffnet im Saal des Rathauses am Mittwoch, dem 10.7.2013, um 18.00 Uhr eine Informationsve­ranstaltung zum Regionalplanen­twurf. Anwesend sind u.a. Bürgermeister Lothar Hohlfeld (Limbach-Oberfrohna), Bürgermeister Bernd Pohlers (Waldenburg), Frau Dr. Kruse (Regional-Planerin), René Fleischer (Amt für Ländliche Entwicklung), Dr. Steffen Heinrich (Geschäftsleiter ZV Frohnbach), die Gemeinderäte Uwe Wilske, Jürgen Schuffenhauer, Stefan Frünke und mehrere interessierte Bürger.

Dr. Jens Uhlig vom Regionalplanun­gsverband Chemnitz-Erzgebirge referiert über den aktuellen Entwurf des Regionalplanes (RP). Am 16.4.13 sei dessen Freigabe zur Diskussion beschlossen worden. Nun könne man bis zum 19.7.2013 dazu eine erste Stellungnahme abgeben. Der Planungsverband habe umfassendes Informationsma­terial an die Kommunen ausgegeben und versuche damit die vom Verband angestellten Planungsgedanken transparent zu machen.

Ab dem 24.9.2013 werde der Verband die vorgebrachten Hinweise und Argumente abwägen und dann entweder als Änderung aufnehmen oder verwerfen. Wahrscheinlich ab Mitte nächsten Jahres könne dann der endgültige RP-Entwurf bekanntgemacht werden.

Zum bisherigen Stand teilt Dr. Uhlig mit, durch die Kreisgebietsre­formen hätten sich in der Region Chemnitz-Erzgebirge mehrere frühere Planungen überlagert. Er berichtet, erfahrungsgemäß sei der RP selbst gar nicht so interessant. Spannend seien im wesentlichen die Fragen zur Windenergie.

So sei der RP 2008 vom Gericht wegen der darin enthaltenen ziemlich restriktiven Aussagen zu Windkraftanlagen für unwirksam erklärt worden. Denn man hatte dafür zu wenige Flächen ausgewiesen. Folglich war diesbezüglich der RP von 2000 wieder in Kraft getreten. Dazu müsse man wissen, dass mit der Novellierung des Baugesetzbuches im Jahre 1996 Anlagen zur Windenergie überall zu privilegieren sind (§ 35).

Für eine »positive« Einflussnahme gebe es zwei Möglichkeiten, und zwar durch die Kommunen und durch die Regionalplanung. Die sächsische Landesregierung habe 2003 festgelegt, dass die hiesigen Kommunen nicht entscheidungsbe­rechtigt seien, sondern allein die Regionalplanun­gsverbände. Abgesehen davon reiche es seit der Novellierung des Baugesetzbuches nicht mehr aus, kurzerhand gegen Windkraftanlagen zu sein. Man müsse schon eine stichhaltige und gerichtsfeste Begründung liefern, warum hier und da keine Anlagen für die Energieversorgung aufzustellen sind.

Seine Behörde wolle Anlagen künftig konzentrieren und dafür alte, einzeln stehende Anlagen nach und nach wieder »einsammeln«. Dadurch sollen Landschaftsräume geschützt werden. Das Ziel der sächsischen Staatsregierung, mittelfristig einen Anteil der regenerativen Energien (wie z.B. Wind, Sonne und Biogas) an der Versorgung des Freistaates von 33 Prozent erreichen zu wollen, sei durch Einfluss des FDP-Wirtschaftsmi­nisteriums mittlerweile auf 28 Prozent zurückgenommen worden. Dafür wolle man zahlreiche weitere Dörfer in der Lausitz und bei Leipzig wegen der darunter liegenden Braunkohle wegbaggern. Es sei also eine Abwägung verschiedener Interessen notwendig bis eine Raumnutzungskarte herauskomme.

Das ändere aber nichts daran, dass auch in Sachsen für Windkraftanlagen Vorrang- und Eignungsgebiete festzulegen sind, um der bundesgesetzlich festgeschriebenen Vorrangaufgabe Windenergie den gebotenen Raum zu verschaffen. Erfolge dies nicht in hinreichendem Maße, dann scheitere der Plan spätestens wieder beim Bundesverwaltun­gsgericht in Leipzig, weil ein Planer oder Investor dagegen klagt. Dort gebe es mit Herrn Richter Dr. Katz einen ausgewiesenen Fachmann. Er schrieb eine Doktorarbeit zum Thema Windkraftanlagen.

Dr. Uhlig kritisierte eine kürzlich von der Stadt Limbach-Oberfrohna in der Freien Presse gemachte Äußerung, in der sich Bürgermeister Lothar Hohlfeld im Namen der Stadt gegen die Ausweisungen von Flächen für Windkraftanlagen ausspricht. Denn bis jetzt seien weder Fläche »ausgewiesen« noch irgendwelche Begründungen vorgebracht.

Nach dem aktuellen Planungsstand eigneten sich 93 Prozent der Fläche von Sachsen von vornherein nicht für Windkraftanlagen (harte Tabuzonen). Bei den übrigen 7 Prozent der Fläche handele es sich um »weiche Zonen«. Dort seien solche Anlagen durchaus denkbar und der Mindestabstand zur Wohnbebauung betrage 750 m. (siehe auch Standortplanung für Windkraftanlagen – Erlass der Staatsregierung zum Mindestabstand bei Windkraftanlagen vom 12. Juli 2013) Moderne Windkraftanlagen hätten heute übrigens eine Nabenhöhe von mehr als 100 Meter und etwa 3 Megawatt an Leistung.

Wenn man übrigens überhaupt keinen RP mit Aussagen zur Raumgebung für Windkraftanlagen zustande bringe, dann gelte ohne weiteres § 35 des Baugesetzbuches und es könnten auf Antrag überall im Außenbereich (weiche Zonen) Windkraftanlagen errichtet werden. Jedenfalls Dr. Katz beim Bundesverwaltun­gsgericht Leipzig wüsste genau, dass die Windenergie nun einmal vom Gesetzgeber privilegiert ist, ob es uns gefalle oder nicht. Nach Abzug der Naturschutzflächen von den 7 Prozent an weichen Zonen verbleibe im Freistaat Sachsen lediglich noch ein Prozent der Fläche für Vorrang- und Eignungsgebiete. Das seien dann sogenannte Potentialgebiete, man spreche auch von Suchräumen. Vielleicht würden letztlich bloß etwa 0,25 Prozent von Sachsens Fläche für Windkraftanlagen übrigbleiben. Am Ende müsse aber ein schlüssiges gesamträumiges Konzept entstehen.

In der Diskussion fragt Gemeinderat Fritz Liebert, ob eine Gemeinde Bürgerinteressen bündeln und ein Modell zur genossenschaf­tlichen Stromerzeugung umsetzen könne? Dr. Uhlig antwortet, in Vorrang- und Eignungsgebieten sehe es damit gut aus, in »grauen« Flächen des RP sprächen vielleicht Gründe öffentlicher Belange dagegen.

Gemeinderat Liebert verweist darauf, dass die Gemeinde Niederfrohna im bestätigten Flächennutzungsplan (FLNP) bereits ein Vorranggebiet für Windenergie (Nähe Autobahnabfahrt Niederfrohna) ausgewiesen hatte. Im vorliegenden RP-Entwurf sei diese Fläche gestrichen und durch einen anderen Standort ersetzt. Wie sei das möglich? Dr. Uhlig antwortet, dass die Kommunen FLNP aufstellen könnten, wie sie wollten. Die Zuständigkeit für die Windkraftanlagen liege beim Regionalplanun­gsverband und letztlich gelte § 35 Baugesetzbuch, also die Anpassungspflicht an die Raumordnung. Kommunale Planungshoheit existiere hier nicht.

Gemeinderat Liebert fragt nach, ob man bei der Erarbeitung des RP die genehmigten FLNP wenigstens zur Kenntnis genommen habe? Dr. Uhlig bejaht dies. Er habe sich eine Übersicht über die genehmigten FNPL erarbeiten lassen.

Bürgermeister Klaus Kertzscher wirft ein, dass die Gemeinde in ihrer Stellungnahme auf das Vorranggebiet im FLNP verweisen werde.

Gemeinderat Jürgen Schuffenhauer widersprach dem Bürgermeister: »Wir wollen Windkraftanlagen weder in den alten noch in den neuen Flächen, und die Stadt Limbach auch nicht.«

Bürgermeister Klaus Kertzscher entgegnete, dass man ja nun spätestens beim heutigen Vortrag gelernt habe, dass es nicht möglich sei, Windkraft einfach nur abzulehnen. Wenn überhaupt, müsse man eine fundierte Meinung finden. Dr. Uhlig bestätigt lächelnd diesen Hinweis. Nach weiteren Diskussionen schließt Bürgermeister Klaus Kertzscher die Versammlung gegen 19.46 Uhr. ae