Schlappe für Limbacher Stadtverwaltung

Angestellter aus Niederfrahna muss nach Klage vor Arbeitsgericht wieder eingestellt werden

Limbach-Oberfrohna/Niederfrohna/Chemnitz. Der Fall Rolf H. hört sich an wie ein schlechter Witz: Die Stadt Limbach-Oberfrohna wirft ihrem Angestellten Rolf H. vor, ungefragt eine ”dritte Person” (das Regierungspräsidium) über städtische Angelegenheiten (nämlich von Niederfrohna) informiert zu haben und spricht ihm daraufhin im März sofort eine außerordentliche Kündigung aus.

Rolf H. klagt gegen die Stadt und bekommt vom Arbeitsgericht Chemnitz zu 100 Prozent Recht.

In seinem Postfach hatte er ein Schreiben gefunden, das keinen Eingangsvermerk trug, an die Gemeinde Niederfrohna gerichtet war und eine Beschwerde eines Investors bezüglich der Industriebrache Limbacher Straße 28 enthielt. Der Vorgang, der rechtlich nur die Gemeinde Niederfrohna angeht, wurde aber zugleich vom Regierungspräsidium bearbeitet, das damit seiner kommunalen Aufsichtspflicht nachkam. Der Bürgermeister von Niederfrohna, Lothar Ph., faxte das Schreiben zum Regierungspräsidium. Da aber im Regierungspräsidium durch Urlaubsvertretung zwei verschiedene Personen in die Sache einbezogen wurden, schickte Rolf H. auf Anfrage der einen Person das Srhreiben noch einmal per Fax ins Regierungspräsidium.

Die Stadt meinte nun, das hätte Rolf H. nicht tun dürfen. Er sei Angestellter der Stadt Limbach-Oberfrohna und nicht von Niederfrohna. Er hätte das Schreiben zuvor seinem Bauamtsleiter vorlegen müssen. Oberbürgermeister Hans-Christian R. sprach deshalb eine ”auBerordentliche Kündigung” aus. Und Rolf H. stand von einem Tag auf den anderen auf der StraBe.

Rolf H. ist sich keiner Schuld bewusst. Hätte er denn anders handeln können? Sein Rechtsanwalt Gerald Sch. meinte dazu, dass das Ganze eine ”Kündigung aus politischen Gründen” gewesen sei. Auch der Richter stellte fest, dass man Rolf H. ”fachlich nichts vorverfen” könne, sondern alles nur an ”Formalien” festmachte. Rolf H. hätte weder das Schreiben bearbeitet, beantwortet noch irgendwie anders dazu Stellung genommen. Er leitete es lediglich weiter, was sowieso hätte geschehen müssen. Denn das Regierungspräsidium hatte ein Recht auf Kenntnis des Schreibens, so der Richtei. Außerdem hätte die Stadt Limbach-Oberfrohna, wenn sie gegen Rolf H. disziplinarisch vorgegangen wäre, genauso gegen den Bürgermeister Lothar Ph. vorgehen müssen, denn der hatte ja schon vor Rolf H. das Schreiben ans Regierungspräsidium gefaxt.

Die Argumente des Vertreters der Stadt, Rico Ch., bezogen sich immer wieder nur auf den Fakt, dass Rolf H. Stadtinterna nach außen gegeben hätte. Auf die Frage des Richters, warum die Stadt gleich mit der höchsten Strafe - einer außerordentlichen Kündigung - auf eine ”Formalie” reagiert hätte, zuvor gebe es schliedlich noch Ermahnung, Abmahnung und ordentliche Kündigung, konnte Ch. nicht antworten.

Mit dem Hinweis ”Dreckige Wäsche solle man besser zu Hause waschen” wollte der vorsitzende Richter die beklagte Stadt zu einem Vergleich, also zu einer Lösung im gegenseitigen Einvernehmen, bewegen. Ch. bot als Vergleich eine Abmahnung für Rolf H. an, die dessen Anwalt scharf ablehnte, denn sein Mandant hätte sich nicht des geringsten Fehlers schuldig gemacht. Der organisatorische Ablauf selbst und einiges mehr stimmte in der Stadtverwaltung offenbar nicht.

In der anschließenden Urteilsverkündung gab das Gericht dem K1äger in allen Belangen Recht. Rolf H. ist seit gestern wieder an seinem alten Arbeitsplatz tätig. Der Niederfrohnaer Gemeinderat Karl-Heinz M. sagte dazu nach dem Urteilsspruch: ”Wie ich gehört habe, soll es nicht der erste Fall sein, den die Stadt verloren hat.”

Freie Presse 12.07.2002