Heimatblatt 12/2007 - Mit dem Bürgermeister im Gespräch

Sehr geehrter Herr Bürgermeister: Was war für Sie im Jahr 2007 bemerkenswert?

Bürgermeister: Bei einem erzgebirgischen Hutzenobnd trug eine Sängerin einen alten Text eines alten Erzgebirgsdichters vor. Dessen Worte machten mich sehr nachdenklich. Eigentlich wird hier alles gesagt. Weil ich länger über diesen Text nachdenken wollte, ließ ich ihn mir von der Sängerin geben:

Meine Leit warn bettelarm.
Do gobs gar kaa Gered.
Mei Mutter hot immer für die Nachbarn genäht.
Für billiges Gald, für paar lausige Pfenng
un doch fürs haushalten halfs e weng.
Denk iech an meine Kinnerzeit zerick,
warsch su im Weihnachten rim immer es größte Glück,
wenn dr Vater kaam bal vun dr Schicht
un de Mutter wollt sparn mit elektrischem Licht,
do kriegt iech ane Spackfettbemm mit Kumpele
un irgendwie fand mei Mutter immer e Stumpele,
wos mol e Licht gewasen war.
Un su in de Advente,
un ah spöter bis zeen Huhenei Gahr,
dann saßen mir in dr Stub miteinanner beisam,
es Stumpel brannte mit ruhicher Flamm.
Dann ham mor ah e Liedel aus dor Haamit gesunge.
Wer waß, vielleicht hots gar net su schie geklunge.
Aber für miech wors mei alles, is sis noch Heit.
Meine Mutter hatte zwar kaa Gald, aber se hatte für miech Zeit.
Solche Stunden hom es Kinnerherz geformt.
Heit sind de Tog vun früh bis Obnd ausgenormt.
De Kinner wärn vun Fernseh un Computer erzuhgn.
So manche klaanes Herz wird dodorbei verbuhgn.
Gefühlslose Aagn schaun aus manchen Gesichtel.
Do denk iech an mei Stumpellichtel,
ans klaane Rachermannel, dos Genabel darzu.
Könnt iech suwos dir schenken Kind, dos machte miech fruh.
E beispiel vun Gestern, e Beispiel vun Heit. Kinnerglück für Weihnachten,
Leit nemmt eich e wing Zeit.
Nemmt eich vor allen Dingen für de Kinner viel Zeit.

Wie schätzen Sie das Jahr 2007 ein?

Bürgermeister: Wenn wir über das abgelaufene Jahr nachdenken, dann müssen wir wieder feststellen, dass es viel zu schnell vorbeiging. Aber wir konnten, getreu unserer Zielstellung, die Infrastruktur unserer Gemeinde auch 2007 weiter verbessern. So vermochten wir mit dem Schwarzdeckenprogramm weitere Bauabschnitte der Oberen Hauptstraße zu erneuern. Gleichzeitig aber eben auch die Bergstraße, sowie den Brückenweg.
Die Weiterführung der Bauarbeiten an der Oberen Hauptstraße sind beim Landkreis in die Planungsphase eingegangen. Wir haben Grund zur Hoffnung, dass die Baumaßnahmen 2008 zügig weitergehen werden.

Gab es auch Probleme bei Baumaßnahmen?

Bürgermeister: Ja, selbstverständlich. Wo gehobelt wird ... Mit unserer Bowlingbahn sind wir durch die Übertragung der Förderung an die SAB in eine Art Sackgasse geraten.
Die jetzige sächsische Landesregierung und der jetzige Ministerpräsident setzten völlig neue Förderrichtlinien durch. Dabei verwechselte man offensichtlich die Arbeitsweise einer Privatbank und die staatliche Förderung mit Steuermitteln. Darauf schrieb ich einen Brief an Innenminister Buttolo, in dem ich klarstellte, dass, wenn es in unserem Land im kommunalen Bereich und im Vereinsleben vorwärts gehen soll, diese neuen Richtlinien wieder verschwinden müssen. Denn mit den neuen Richtlinien verbundenen Papierberg kann vielleicht eine öffentliche Einrichtung unter großem Aufwand noch abarbeiten, auf keinen Fall aber ein ehrenamtlicher Vereinsvorsitzender.
In dem Brief informierte ich den Innenminister im August auch über die Hintergründe unserer Empörung: Das Lieblingsspielzeug unseres Ministerpräsidenten, so schrieb ich, ist die Zentralisierung unseres Finanzwesens und damit auch die Zentralisierung der Fördermittelvergabe. Es ist für uns Bürger unvorstellbar, wie aufbauverhindernd sich die Landesregierung auf Kosten der Kommunen zu profilieren versucht und der jetzige Ministerpräsident damit das ganze Land in die Schuldenfalle führt.
An dieser Stelle möchte ich daran erinnern, dass wir im Jahre 2000 Unterschriften sammelten, um die Fusionierung unserer Sparkasse zu verhindern. Es bedurfte zwar eines wiederholten Anlaufes, weil Landtagspräsident Iltgen selbst die von den Meldeämtern geprüften Unterschriften zunächst in hoher Zahl für ungültig erklärte, doch letztlich setzte sich der Bürgerwille gegen die Landesregierung durch. Wir wurden zunächst als »rückständige Minderheit« belächelt. Doch unsere Sparkasse ist heute eben nicht in der Schuldenfalle.
Das ist wichtig hervorzuheben, auch wenn das ganze Land Sachsen für die »Spekulationskunst« der jetzigen Regierung und ihres Ministerpräsidenten bezahlen werden muss. Die Auswirkungen spüren wir schon jetzt, eben im Verhalten der SAB-Bank.
Ich setze mein ganze Vertrauen in die Demokratie, dass wir Sachsen endlich aufwachen, und eine Regierung und einen Ministerpräsidenten wählen, die auf der Höhe der Zeit sind, die Dezentralisierung und Selbständigkeit stärken, wie es unserer Tradition und Mentalität gemäß ist.

Welches war für Sie das schönste Ereignis des Jahres?

Bürgermeister: Am 1. Dezember konnte unsere Pyramide wieder angeschoben werden. Eigentlich, wie in jedem Jahr, dennoch aber nicht selbstverständlich, nachdem Vandalen zu Silvester ihre Wut an der Pyramide ausgelassen hatten. Doch es entwickelte sich eine beeindruckende Unterstützung. Schließlich konnte die Pyramide repariert und wiederaufgebaut werden. Mein ganz herzlicher Dank gilt an dieser Stelle den Bürgern, die durch ihre Geldspenden das diesjährige Anschieben der Pyramide und das Leuchten der Kinderaugen möglich gemacht haben.
Dieses Gemeinschaftserlebnis hat uns dazu veranlasst einen zweiten Versuch zu starten: Auf der Wiese vor der Christuskirche haben wir einen Lichterbogen aufgebaut.
Ich hoffe und wünsche, dass uns Pyramide und Lichterbogen lange erhalten bleiben. Ich denke auch, dass wir uns alle an diesen beiden weihnachtlichen Lichtpunkten erfreuen, und gleichzeitig ab und an ein Auge darauf werfen, um Pyramide und Lichterbogen vor Vandalen zu beschützen.

Wie sieht es mit der Bildung- und Erziehung der Kinder im Ort aus?

Bürgermeister: Viele Bürger schätzen mittlerweile die Arbeit unserer Kindertagesstätte und Grund-schule. Hier gibt es mehrere Profile im Angebot, die das Spektrum von Ernährung, Bewegung, musischer und geistiger Aktivität umfassen. Das Ganztagesangebot der Schule wird auf hohem Niveau umgesetzt. In Niederfrohna werden die Kinder gut auf das Leben vorbereitet.

Wie schätzen Sie diese Arbeit der Vereine ein?

Bürgermeister: Ich möchte nicht versäumen, die Kameraden von FFW und DRK für Ihre Arbeit und Einsatzbereitschaft zur Katastrophenabwehr zu danken.
Darüber hinaus danke ich den zahlreichen Niederfrohnaer Bürgern, die im Ehrenamt für die Organisation einer sinnvollen und niveauvollen Freizeitgestaltung hinwirken. Auch denjenigen Bürgern, die ehrenamtlich Grünflächen der Gemeinde in eigene Pflege nahmen und zur Verschönerung des Ortes beitragen, danke ich auf diesem Wege.
Den Mitgliedern des Gemeinderates zolle ich Hochachtung und Dank für die kontinuierliche, sachliche und zuverlässige Arbeit, die eine effektive Kommunalpolitik ermöglichte. In diesem Zusammenhang möchte ich auch den Mitarbeiterinnen der Gemeindeverwaltung, den Mitarbeitern des Bauhofes und dem technischen Personal danken.
Abschließend wünsche ich allen Bürgern ein gesegnetes Weihnachtsfest und für das Jahr 2008 Gesundheit, etwas Zufriedenheit und persönliches Wohlergehen.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, recht herzlichen Dank für das Gespräch. (13.12.07ae)