Heimatblatt 12/2014 - Mit dem Bürgermeister im Gespräch

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, wir sind wieder am Ende eines Jahres angelangt. Es ist Zeit inne zu halten und nachzudenken. Welche Schwierigkeiten gab es für unsere Gemeinde 2014?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Unsere Hauptstraße hat, wie alle wissen, den Status einer Kreisstraße. Leider sind Teile dieser Straße in einem solch schlechten Zustand wie noch nie in der Geschichte unserer Gemeinde. Der Landkreis hat seit Jahren keine ausreichenden Finanzmittel zur längst fälligen Reparatur. Aber das betrifft noch mehr Gemeinden. Der Kreis versuchte allen gerecht zu werden, indem er in großen Abständen hier und da, auch bei uns, einmal 300 oder 600 Meter Straße erneuerte. Es muss jedesmal eine Planung gemacht werden. Die Bauleistung wird ausgeschrieben. Eine Baufirma rückt an und nach dem Ende der Arbeiten wieder ab. Die Gesamtkosten dürften damit wohl eher gestiegen sein.

Ein Jahr nach der Freigabe des letzten erneuerten Abschnittes erhielt die Baufirma im November 2014 endlich den Auftrag zur Erledigung der letzten Arbeiten im Kreuzungsbereich Viehweg. Die positive Wirkung des Straßenbaues auf die Anwohnergrundstücke kann man andererseits im erneuerten Teilbereich bewundern.

Und nun zu unserem zweiten Problem. Im Zuge der vorzeitigen Freigabe der Ortsumgehung stufte der Landkreis auch die Untere Hauptstraße von der Wetzelmühle bis zum unteren Ortsausgang vom Status Kreisstraße auf den Status Gemeindestraße. Das ist das Teilstück, das kaum noch befahrbar ist. Die Gemeinde legte Widerspruch gegen diese Entscheidung des Landkreises ein. Der Widerspruch wurde abgewiesen. Wir hätten theoretisch noch die Möglichkeit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht ob die Straße in »befahrbarem« Zustand ist oder nicht. Aber aus unseren Erfahrungen wissen wir, dass diese Klage Zeit und Geld kosten würde, die wir nicht haben.

Die Situation ist ja noch komplizierter. Der gesunde Menschenverstand wird annehmen dass die Gemeinde für den notwendigen Ausbau der ehemaligen Kreisstraße, auch die notwendigen finanziellen Mittel zugewiesen bekäme. Das ist dem Anschein nach jedoch nicht der Fall. Es gibt noch keine Entscheidung darüber, ob das Nachfolgeprogramm von ILEK für die Periode bis 2020 auch auf den Straßenbau ausgedehnt werden soll. Doch das Volumen dieses Förderprogramms betrug in den letzten Jahren für die Region des Altkreises Chemnitzer Land 12 Mio Euro. Im Nachfolgeprogramm sollen für öffentliche Aufgaben nur noch 3 Mio zur Verfügung stehen. 9 Mio sollen an Private und Vereine gehen. Dazu kommt ein weiter erhöhter bürokratischer Aufwand. Das Dilemma besteht darin, dass der Gemeinde immer mehr Aufgaben zugeordnet werden und zugleich die Finanzausstattung abgesenkt wird.

Nun zu den guten Nachrichten, denn das waren doch wohl die schlechten …?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Nein, Wir müssen den Kelch wirklich leeren. Es wurde uns von der Oberen Wasserbehörde ein kleines Regenwasserrückhal­tebecken nicht genehmigt, obwohl schon alle anderen Genehmigungen und die Finanzierung vorlagen. Die Begründung war, dass für das Jahnshorngebiet die Dringlichkeit von Hochwasserschutz nicht nachgewiesen werden könne.

Wie werten Sie diese Entscheidung der Oberen Wasserbehörde?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Die Behörde hat sicher Vorgaben und Anweisungen für ihre Arbeit. Weitsichtig war die Entscheidung der Oberen Wasserbehörde aber dennoch nicht. Wir waren eine der ersten Gemeinden in Sachsen, die als Reaktion auf die zunehmende Hochwassergefahr ein Regenrückhalte­becken am Oberen Ortseingang bauten. Beim Hochwasser von 2012 bewährte sich dieses Becken, wobei die Belastung bereits beim ersten Einsatz bis an die Grenze der Aufnahmefähigkeit ging. Grundsätzlich gehören Entscheidungen über den Hochwasserschutz in den Bereich der kommunalen Selbstbestimmung. Der Ernstfall wird bei uns, vor Ort auftreten. Deshalb muss verantwortungsvolle Kommunalpolitik an den Ernstfall denken und vorsorgen.

Nun aber zu den guten Nachrichten …

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Mit der Fertigstellung der Ortsumgehung erhielt unsere Gemeinde eine sehr gute Anbindung an die Auffahrt zur Autobahn 72. Zugleich befreite man unsere Ortslage vom Schwerlastverkehr. Wenn die Autobahn 72 dann endlich bis an die A 38 weitergebaut wird, dann verbessert sich der Wirtschaftsstandort Niederfrohna zwischen Leipzig und Chemnitz noch mehr. Unser Gemeinderat sucht seit 25 Jahren die bestehende Infrastruktur für kleine und mittlere Unternehmen aus Landwirtschaft, Handwerk und Gewerbe auszubauen. Diese langfristig Orientierung zahlt sich aus. Die Zahl der Gewerbetreibenden in der Gemeinde steigt, nicht schnell aber beständig. Unser Handwerkerhof ist fast vollständig belegt. In der ehemaligen Fabrik Paul Kupfer sind nur noch wenige Flächen im ersten Stock nicht vermietet.

Hat die Gemeinde aus eigenen Kräften Reparaturen und Renovierungsar­beiten ausgeführt?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Selbstverständlich arbeitet unser Bauhof kontinuierlich am Erhalt unserer Infrastruktur. Zudem haben wir weitere Klassenzimmer und auch Toiletten der Schule renoviert. Das Arbeitsamt bewilligte uns zwei Mal eine Maßnahme für Bachreinigungsar­beiten. Die Beteiligten arbeiteten mit hoher Motivation und es gelang den Bachverlauf in der Ortslage von Pflanzen und auch von Müll zu befreien.

Diese Dinge würden bei Hochwasser Gefahren heraufbeschwören. Momentan laufen die Bauarbeiten zur Renaturierung des Jahnshornbaches planmäßig und zügig.

Gab es Investitionen der Gemeinde?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Die Gemeinde konnte den Kameradinnen und Kameraden der FFW einen lang gehegten Wunsch erfüllen: es wurde ein zweites einsatzfähiges Fahrzeug angeschafft. Das Fahrzeug wurde zunächst gebraucht gekauft und wieder in Stand gesetzt.

Das Integrationswerk im Chemnitzer Land (IWL) konnte 2014 aufgelöst werden. Es hatte sich zu einer ernsten Belastung für den Finanzhaushalt unsere Gemeinde entwickelt.

Ist die Gefahr jetzt gebannt?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Ja, wir haben das Problem nach langen Verhandlungen in zwei Schritten geklärt. Zunächst wurde der Leerstand im Haus Limbacher Straße 29 durch Modernisierung abgebaut. Das Haus ist jetzt voll vermietet. Dieser Schritt ermöglicht erst über den zweiten nachzudenken. Mit Hilfe der Stadt Limbach-Oberfrohna und im Gespräch mit dem anderen IWS-Gesellschafter gelang es schließlich eine einvernehmliche Lösung zu erreichen. Dafür möchte ich bei- den Partnern sowie dem IWL-Geschäftsführer und dem Kämmerer der Stadt Limbach-Oberfrohna, Bürgermeister Carsten Schmidt, danken.

Wie schätzen Sie die Arbeit der Gemeindeverwaltung?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Ich möchte meinen Mitarbeitern in der Gemeinde verwaltung, im Bauhof, in der Kindertagesstätte Pfiffikus und in unserer Grundschule sehr danken. Sie erfüllen trotz der wachsenden Bürokratisierung unserer Arbeit ihre Aufgaben mit hoher Eigenmotivation. Gleichzeitig bildet diese Struktur wieder die Voraussetzung für ehrenamtliche Arbeit in unserer Gemeinde, denn was wären die Vereine ohne den Saal im Rathaus, das grüne Haus oder den Saal in der Kindertagesstäte? Es geht also nur durch die Zusammenarbeit von Gemeinde und Vereinen. Nur so waren all die Highlights des Jahres 2014 (Ausstellungen, Feste, Konzerte, Lesungen u.a.) möglich. Für ihren ständigen und hohen Einsatz möchte ich den Gemeinderätinnen und Gemeinderäten, den Kameradinnen und Kameraden von FFW und DRK, den Sportlerinnen und Sportlern des SVN, den Mitgliedern unserer Chöre, Orchester und Vereine danken.

In diesem Punkt wird deutlich, dass die Forderungen nach Streichung der Unterstützung von Vereinen, so genannter freiwilliger Aufgaben der Gemeinde, von der Unkenntnis der Wirklichkeit vor Ort geprägt sind, und ein Schritt in die falsche Richtung wären. Das Zusammenwirken von Gemeindeverwaltung und ehrenamtlicher Tätigkeit ist der Kern kommunaler Selbstbestimmung. Deshalb wäre es endlich an der Zeit, die Gemeinden und die Vereinsarbeit finanziell stärker zu unterstützen, denn es ist Sozialarbeit.

Liebe Bürgerinnen und Bürger, die Weihnachtszeit ist eine schöne Zeit. Zur Ruhe kommen. Sich besinnen. Klarheit schaffen. Kraft sammeln für das kommende Jahr. Noch wissen wir nicht, was das neue Jahr bringen wird. Es werden Überraschungen, Veränderungen und auch Herausforderungen sein, die wir gemeinsam meistern und positiv gestalten werden.

Ich wünsche Ihnen, auch im Namen meiner Frau und dem Gemeinderat, erholsame und friedliche Weihnachtstage und einen guten Rutsch ins neue Jahr, sowie Gesundheit und Kraft, um im nächsten Jahr viele unserer Ziele verwirklichen zu können.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, vielen Dank für das Gespräch.

(ae141209)