Heimatblatt 12/2010 - Mit dem Bürgermeister im Gespräch

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, in welchen Punkten war die Politik des Gemeinderates in diesem Jahr 2010 erfolgreich?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Das wichtigste Ereignis in diesem Jahr war für unsere Gemeinde der Abschluss der gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem RZV Wasserversorgung Bereich Lugau-Glauchau.

Diese 15-jährige Auseinandersetzung war vor einem Jahr in erster Instanz vom Verwaltungsgericht in Chemnitz mit einer Abweisung der Klage des RZV in allen Punkten zu unseren Gunsten entschieden worden. Da der RZV aber entgegen aller Beteuerungen in Berufung ging, war einerseits eine Verlängerung des Rechtsstreites um mehrere Jahre zu befürchten und andererseits war nicht sicher, wie die 2. und 3. Instanz entscheiden würden. Mit Prozesszinsen wäre der Streitwert dann über die bisherigen 6,3 Mio. Euro angestiegen. Das hätte für uns ein unwägbares Risiko bedeutet. Mit dem Vergleich konnte also Rechtsfrieden hergestellt und großer Schaden von der Gemeinde abgewendet werden.

Zudem konnte die Gemeinde auch die Auseinandersetzung mit dem RZV beenden, die aus gegenseitigen Verrechnungspro­blemen von Anfang der 1990er Jahre stammte. Obwohl in der Folge des Vergleichs der ZVF 1,59 Mio. Euro zusätzlich zu bereits geleisteten Zahlungen für übernommene Anlagen zahlen muss, können die Gebühren stabil gehalten werden. Selbst wenn der RZV in der Folge des Vergleiches seine Gebühren erhöhen würde, wären die Einwohner von Limbach-Oberfrohna und Niederfrohna, wie in der Vergleichsvere­inbarung festgeschrieben, davon ausgenommen.

Entscheidend für den Durchbruch in der Auseinandersetzung war sicher das Eingreifen des Freistaates, der dem RZV 1,5 Mio. Euro Zuschuss unter der Bedingung anbot, dass alle Rechtsstreitig­keiten beendet würden. (s. auch Reportage von der RZV-Verbandsversam­mlung) Wichtig für die Durchsetzung unserer Interessen war, dass sich Stadt Limbach-Oberfrohna und Gemeinde Niederfrohna in allen wesentlichen Punkten einig zeigten. Anders hätte weder die Stadt noch die Gemeinde ihre eigenen Interessen durchsetzen können.

Durch den Vergleich ist es endlich auch wieder möglich, dass sich der RZV seiner eigentlichen Aufgabe, der Trinkwasserver­sorgung widmet.

Ich möchte die Gelegenheit nutzen, um dem ZVF-Geschäftsleiter Dr. Steffen Heinrich und allen seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihre hervorragende Arbeit zu danken. Der ZV war nicht nur im Gerichtsprozess ein zuverlässiger Partner unserer Gemeinde, darüber hinaus hat unser ZVF zum Zwecke der Gebührenstabi­lisierung exzellente wissenschaftlich-technische Innovationen entwickelt.

Welche Bauprojekte standen 2010 an?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Wir haben 2010 ersteinmal unsere Ortsgestaltun­gssatzung überarbeitet und vereinfacht. Für unsere Gemeinde war dann der Baubeginn des Hochwasser-Regenrückhalte­beckens sehr wichtig. Der Wintereinbruch zwang die Baufirma leider Ende November zur Einstellung der Arbeiten. Aber das Becken ist zu 2/3 fertiggestellt. Nach Auskunft des Planungsbüros liegen wir im Zeitplan. In diesem Zusammenhang möchte ich mich für die sehr gute Zusammenarbeit mit Infraplan-Planungsbüro und mit der Baufirma Delling aus Claußnitz bedanken.

Der Ausbau des Gebäudes Obere Hauptstraße 18 zu einem Mehrzweckgebäude hat auch große Fortschritt gemacht. Wir wären eigentlich schon weiter, doch bei den ersten Arbeiten wurde deutlich, dass der Bauzustand umfangreichere Sanierungen erforderte als erwartet. Währen der Arbeiten besuchten aber schon Delegationen aus Dresden und Brüssel die Baustelle. Unser Konzept wurde mehrfach überprüft und für gut befunden. Zur Eröffnung im Frühjahr 2011 wird voraussichtlich auch der Sächsische Umweltminister erwartet.

In der Grundschule konnten wir wieder ein Klassenzimmer renovieren und den lange geforderten zweiten Fluchtweg anlegen.

Auch schafften wir es endlich, die Verbindung zwischen Viehweg und Querweg zu asphaltieren. Der Abschnitt gehört zu dem Wegenetz, das in der Rad- und Wanderwegskon­zeption der umliegenden Gemeinden und Städte geplant ist. Zur Zeit gibt es bei dessen Realisierung große Fortschritte.

Gab es weitere Bauprojekte?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Unser Bauhof hat die ehemalige Industriebrache Schiesser in diesem Jahr an die Kanalisation angeschlossen. Dadurch war der Einbau von Toiletten möglich. In der Folge mieteten sich acht Gewerbetreibende mit Lagerräumen und Vorbereitungsräumen ein. In Kooperation mit der Firma Pro4tex ist es gelungen die mittlere Etage baulich zu sichern. Zudem wollen wir zusammen mit Pro4tex auch den Fahrstuhl wieder in Gang setzen, um Transporte zu ermöglichen.

Schließlich sind auch in der mittleren Etage die traditionellen Geflügelzüchte­rausstellungen im Januar möglich. Zudem hat die Antennengemein­schaft sich in dieser Etage mit Lagerräumen eingemietet. Der Bauhof leistete für dieses Projekt Bauarbeiten in großem Umfang und in sehr guter Qualität.

Wir stehen auch in Gesprächen mit einem Feuerwehr-Traditionsverein, um in den Räumen der ehemaligen Firma Schiesser ein Feuerwehrmuseum einzurichten.

Was ist nicht so gelaufen, wie erhofft?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Der weitere Ausbau der Oberen Hauptstraße ist in diesem Jahr wieder nicht zustande gekommen. Es geht aber anderen Gemeinden auch so.

Durch die Verwaltungsreform ist der Straßenbau im Kreis verzögert worden. Wir können aber schon jetzt sagen, dass, sofern die Fördermittel bewilligt werden, 2011 der nächste Bauabschnitt von ehemaligen Naumann-Bäcker bis etwa 50 Meter nach dem Abzweig zum Viehweg, Bachmauer und Straße ausgebaut werden wird. Wir werden rechtzeitig alle Anlieger und die Brückenbesitzer zu einer Einwohnerversam­mlung einladen.

Für den Bau der Ortsumgehung um den unteren Ortsteil findet im Januar die Anhörung für das Planungsverfahren statt. Für die Anlage eines Teiches am Fuße der Elzing, als Ausgleichsmaßnahme, gibt es bis heute leider noch keine Termine für den Baubeginn.

Welche Ziel hat die Gemeinde 2011?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Mit dem Umbau des Gebäudes Obere Hauptstraße 18 werden wir auch unsere Kindertagesstätte erweitern. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Sicherung des Fortbestandes unserer Grundschule.

In der ersten Hälfte des Jahres soll unser Festplatz fertig gestellt werden.

Die Sanierung der Turnhalle an der Schule kann 2011 endlich erfolgen. Die Fördermittelzusage von ILEK ist vorhanden. Sobald das Wetter es erlaubt wird begonnen. Es ist eine energetische Sanierung (Fußbodenheizung und Toiletten).

Apropos Toiletten: wir werden 2011 auch endlich die Schultoiletten renovieren. In diesem Jahr waren die Handwerker durch das Konjunkturpaket sehr gebunden. Wir haben schon Vorarbeiten geleistet. Zudem machten einige Firmen bereits deutlich, dass sie uns in diesem Vorhaben unterstützen wollen.

Wir werden 2011 weitere Klassenzimmer renovieren. Über das ILEK-Förderprogramm werden 2011 auch private Rekonstruktion­sprojekte unterstützt. Das betrifft die Johanniskirche, das Rittergut Mittelfrohna, die Wetzelmühle, und einen großen Vierseitenhof.

Aber gestatten Sie mir einmal etwas zu sagen. Ich möchte den Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr und des DRK für ihre hohe Einsatzbereitschaft in der Gefahrenabwehr und im Katastrophenschutz danken. Hinter den Kameraden stehen immer die Familien, ohne die ein solches Engagement nicht denkbar wäre. Allen gilt unser Dank.

Gleichzeitig möchte ich allen Bürgern danken, die sich aktiv in der Kommunalpolitik und in den vielen verschiedenen Vereinen engagieren. Dieses Engagement macht die Stärke unserer Gemeinde aus.

Dies drückt sich auch in der angenehmen, kritischen und konstruktiven Arbeit des Gemeinderates aus. Dadurch waren schon in den vergangenen Jahren wichtige Veränderungen in unserer Gemeinde erst möglich. Allen Gemeinderäten und ihren Ehepartnern gilt mein Dank.

Die Mitarbeiter unseres Bauhofes kämpfen an vielen Fronten mit hohem Einsatz. Ich bitte einfach Sie, liebe Bürgerinnen und Bürger, um Verständnis, dass der Bauhof im Winter nicht gleichzeitig an allen Ecken und Enden unserer Gemeinde den Schnee beräumen, und im Sommer nicht gleichzeitig überall den Grünschnitt durchführen kann.

Einige Bürger unterstützen dankenswerter Weise unsere Arbeit, indem sie die Grünflächen in eigene Pflege nehmen. Das ist uns eine große Hilfe. (Wir müssen in Bezug auf die Grünflächen 2011 zu generellen Lösungen kommen. Der Gemeinderat nahm deshalb am 28.11.2010 eine Ortsbegehung vor.)

Zuletzt, doch nicht vergessen, möchte ich meinen Mitarbeiterinnen im Rathaus danken. Denn sie hatten sich in diesem Jahr 2010 mit der gewaltigen Papierflut aus der Bürokratie, einerseits das so genannte Konjunkturpaket II und andererseits die Auseinandersetzung mit dem RZV, auseinanderzu­setzen. Dahinter steht eine hohe Einsatzbereit­schaft.

Wie beurteilen Sie die Bemühungen der Staatsregierung um freiwillige Übergänge von Verwaltungsge­meinschaften in Einheitsgemeinden?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Mir liegt die entsprechende Verordnung des Freistaates vor. Die Staatsregierung will diesen Weg mit so genannten »Hochzeitsprämien« schmack haft machen. Immer wieder wird dabei von »Freiwilligkeit« geredet.

  • Aber warum lässt man dann nicht zusammenwachsen, was zusammenwachsen wi­ll?
  • Warum will der Staat hier eingreifen?
  • Warum soll der ländliche Raum beseitigt und alles in Städten konzentriert werden?

Etwa, um Kosten zu sparen?

In unserer Verwaltungsge­meinschaft haben wir jetzt wieder ein Kostenaufkommen erreicht, das vergleichbar ist mit dem, das ohne Verwaltungsge­meinschaft entstünde. Zwischenzeitlich waren die Belastungen viel höher. Jetzt sind die Kostenstrukturen nachvollziehbar. In unserer Verwaltungsge­meinschaft haben wir jetzt eine angenehme, sachliche Zusammenarbeit.

Herr Bürgermeister, die Landesregierung billigt Ihnen nur den Status eines »ehrenamtlichen Bür germeisters« zu. Sie erhalten eine Aufwandsentschädi­gung für 14,9 Wochenstunden. Tatsächlich arbeiten sie aber im Durchschnitt 60 Wochenstunden. Wie fühlen Sie sich als »ehrenamtlicher« Bürgermeister?

Bürgermeister Klaus Kertzscher: Generell fühle ich mich als ob ich im Hauptamt wäre. Bürgermeister ist ein Amt, das kann man nicht »nebenbei« ausüben. Das Ehrenamt wird hier durch die Staatsregierung beschädigt. Nicht allein die Zeit vor Ort ist für die Ausübung des Amtes nötig, auch die Bürokratie erzwingt einen ständig wachsenden Arbeitsaufwand. Aber gestatten Sie mir noch ein Wort an die Leser. Ich möchte Ihnen ein friedliches und frohes Weihnachtsfest und ein gesun des neues Jahr 2011 wünschen.

Übrigens steht das Jahr 2011 ganz im Zeichen unseres großen Jubiläums im Juni »775 Jahre urkundliche Ersterwähnung von Frohne«.

Beenden möchte das Interview noch mit einem Wort Friedrich Nietzsches: »Das beste Mittel, jeden Tag zu beginnen, ist: Beim Erwachen daran zu denken, ob man nicht wenigstens einem Menschen an diesem Tag eine Freude machen kann.«

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, recht herzlichen Dank für das Gespräch. ae