Schnelle Würfe - weite Sprünge -langer Atem

STILLE HELFER: Niederfrohnaerin leitet AG Sportspiele und ist Vorsitzende vom Pflege- und Adoptivelternverein

Niederfrohna. Kein Aufwand ist ihnen zu groß, kein Weg zu weit. jederzeit sind sie für andere da. Sie tun Gutes, ohne ständig darüber zu reden, die stillen Helfer im Chemnitzer Umland. “Freie Presse” stellt einige vor.

“Chris, dein Schnürsenkel ist auf”, ruft Liane Sebastian. Schwups, just in dem Moment wirft jemand dem Jungen den Ball zu. Er läuft drei Schritte und wirft ihn ins Tor. Ja, Treffer. Liane Sebastian pfeift. Die 67-jährige leitet die AG Sportspiele in der Niederfrohnaer Grundschule.

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Eine der vielen stillen Helferinnen: die 67-jährige Liane Sebastian aus Niederfrohna. Sie leitet die AG Sportspiele in der Grundschule des Ortes. Und das ist nur eines ihrer Ehrenämter. -FOTO: ANDREAS SEIDEL

Doch das ist nicht das einzige Ehrenamt, das die Frau übernommen hat. Liane Sebastian ist seit sieben Jahren Vorsitzende des Pflege- und Adoptivelternvereins. “Wir betreuen rund 70 Kinder und Erwachsene”, sagt sie. Als Vereinsvorsitzende organisiert sie alle Veranstaltungen mit, so etwa die einmal im Jahr stattfindende Faschingsfeier. “Es ist eine sehr zeitaufwändige Arbeit. Doch sie liegt mir sehr am Herzen”, meint sie. Das Ehepaar Sebastian nahm selbst vor 22 Jahren ein Pflegekind auf. Heute ist der Junge 25 Jahre alt und studiert in Hamburg. “Nach der Wende gab es allerhand Neureglungen. Unsere Pflegeelternverträge waren plötzlich nicht mehr gültig”, erzählt die Frau. Damals hatten sich einige Familien zusammengetan und zogen vor Gericht. “Seitdem ist der Kontakt da”, sagt Liane Sebastian. “Mitte der 90er Jahre haben wir dann den Verein gegründet.” Doch mit ihrem Faible für den Sport hatten weder ihr Pflegesohn noch ihre zwei leiblichen Kinder etwas am Hut. Lediglich ihr Mann teilt das Interesse mit ihr.

Die AG Sportspiele hat Liane Sebastian bereits übernommen, als sie noch im Schuldienst tätig war. 1992 ging sie in den Vorruhestand. “Doch die AG habe ich mir erhalten”, sagt die gebürtige Limbach-Oberfrohnaerin. Bevor sie 1983 nach Niederfrohna zog, war sie beim DTSB in Chemnitz für den Nachwuchs verantwortlich. Zuvor arbeitete sie als Berufsschullehrerin an der Betriebsschule für Feinwäsche in LimbachOberfrohna. Dort hat sie eine Lehre als Industriekauffrau abgeschlossen. Von 1954 bis 1958 studierte Liane Sebastian in Leipzig Sport. Erst galt ihre Leidenschaft der Leichtathletik. Im Weitsprung schaffte sie es mit ihrer Mannschaft sogar zum DDR-Meister. Wann das war kann
ich nicht mehr sagen. Das ist doch schon so lange her”, lacht sie. In den 60er Jahren fing sie an, Handball zu spielen. “Ich war harte Verteidigerin”, erzählt sie. Von 1992 bis 1996 trainierte die Sportlerin die Frauenhandballmannschaft und den weiblichen Nachwuchs in Niederfrohna.

Solange die Grundschüler noch gerne zu ihr kommen und sie sich gesundheitlich in der Lage fühlt, will sie die AG weiter leiten. Darüber freut sich vor allem Sandro (9). Der Junge will Fußballer werden. In der AG lernt er Grundregeln. Liane Sebastian hat es schwer, die Kinder am Trainingsende aus der Halle zu bekommen. “Komm, wir spielen Rausschmeißer”, sagt sie. “Ein von mir erfundenes Spiel, dass sie sich umziehen gehen”, flüstert sie, damit es die Kinder nicht hören.

Freie Presse 10.03.2004 (jani)