Interview zum letzten Arbeitstag des Bürgermeisters

”Bürokratie ist kaum noch zu beherrschen”

Heute letzter Arbeitstag der Bürgermeister von Burgstädt, Taura und Niederfrohna - Nicht alle Wünsche in Erfüllung gegangen.

Für drei Bürgermeister aus dem Chemnitzer Umland ist heute der letzte Arbeitstag. Lothar Naumann (freie Wähler) aus Burgstädt, Lothar Philipp (Freie Wähler) aus Niederfrohna sowie Klaus Vivus (parteilos) aus Taura geben morgen das Bürgermeisteramt an ihre Nachfolger weiter. Bernd Wild sprach mit den scheidenden Gemeindeoberhäuptern über Erreichtes und nichterfüllte Wünsche während der zurückliegenden Amtszeit.

Freie Presse: Gehen Sie mit Wehmut aus dem Bürgermeisteramt?

Lothar Naumann: Eigentlich nicht, obwohl ich schon mit einem gemischten Gefühl gehe. Aber es ist meine eigene Entscheidung gewesen, nach 14 fahren aufzuhören.

Klaus Vivus: Fast jeder Mensch wird mit etwas Wehmut seinen langjährigen Arbeitsplatz verlassen. Bei mir waren es immerhin 17 Jahre. Da ich Anfang kommenden Jahres 67 werde, freue ich mich ganz sehr auf die “Ruhestandszeit”.

Lothar Philipp: Auf keinem Fall gehe ich mit Wehmut. Wir konnten in Niederfrohna während meiner über i7-jährigen Amtszeit viele kreative Dinge gestalten, die zu DDR-Zeiten unmöglich waren. Man fragt sich heute: Warum das damals nicht ging.

Freie Presse: In den vergangenen Jahren wurde in Ihrer Kommune vieles geschaffen. Auf was sind Sie besonders stolz?

Naumann: Stolz bin ich auf alles, was während meiner Amtszeit seit 1994 geschaffen worden ist. Das war aber nicht allein mein Verdienst, daran hatten die Verwaltung und der Stadtrat ebenfalls einen, großen Anteil. Wir haben vieles im Straßenbau und in der Infrastruktur erreicht. Natürlich ist unser noch im Bau befindliches Bad ein großer Batzen. Aber auch das andere, ich denke nur an das Museum, ist genauso wichtig. Einiges ist bei vielen schon wieder in Vergessenheit geraten. Das betrifft beispielsweise den vor Jahren sanierten Taurasteinturm.

Vivus: In Taura sind alle kommunalen Straßen in Ordnung gebracht worden. Für die letzte, die Köthensdorfer Hauptstraße, war gestern Bauanlaufberatung, so dass die Arbeiten in Kürze beginnen. Stolz bin ich auch darauf, dass die Johann-Esche-Grundschule vom Keller bis zum Dach saniert wurde. Und natürlich freuen sich alle Tauraer auf das neue Bürgerhaus mit Bauhof, Vereinszimmern und Bibliothek.

Philipp: Der Spruch von Altbundeskanzler Helmut Kohl, blühende Landschaften aufzubauen, hat sich auch zu einem Großteil in Niederfrohna verwirklicht. So haben wir bis auf die Kreisstraße alle Gemeindestraßen in Ordnung gebracht. Sämtliche Medien, wie Elektro, Gas und Telefon, wurden erneuert. Stolz bin ich auch darauf, dass der Kindergarten, die Schule oder das Gebäude der Feuerwehr ausgebaut worden sind. Darüber hinaus entstanden zwei neue Wohngebiete. Und nicht zuletzt soll die moderne Sportanlage genant werden.

Freie Presse: Was hätten Sie während Ihrer Amtszeit gern noch realisiert?

Naumann: Die Umgehungsstraße. Ich hätte nicht gedacht, dass sich das so lange hinzieht. Denn das betrifft fast 1000 Bürger der Stadt. Natürlich hätte ich die eine oder andere Straße noch saniert.

Vivus: Ich hätte mich gefreut, wenn der begonnene grundhafte Ausbau der Kreisstraßen in Taura abgeschlossen wäre. Das betrifft ebenso die Köthensdorfer Hauptstraße bis zur B 107.

Philipp: Grundsätzlich wird man nie fertig in einer Kommune mit den Vorhaben. Die Schiesser-Brache oder eine größere Sporthalle hätte ich gern noch, wie man sagt, auf die Reihe gebracht.

Freie Presse: Über was haben Sie sich in Ihrer Amtszeit am meisten geärgert?

Naumann: Über den Amtsschimmel. Das war manchmal fast nicht mehr nachvollziehbar. Wenn wir oftmals genauso handeln würden, wie manche Behörden, dann ginge wenig voran.

Vivus: Geärgert habe ich mich am meisten über die Schließung unserer Mittelschule. In diese haben wir nach der deutschen Einheit immerhin fast eine halbe Million Euro hinein gesteckt.

Philipp: Nicht nachvollziehen kann ich die kaum noch zu beherrschende Bürokratie. Man hat den Eindruck, dass wir uns alle irgendwie im Wege stehen. Unsere Volksvertreter auf Bundes- und Landesebene haben am meisten mit sich und der nächsten Wahl zu tun und gehen, bis auf einige Ausnahmen, auf die notwendigen Forderungen der Wähler gar nicht ein. Darüber hinaus wird bei allen Dingen zuerst gefragt, ob Geld da ist. Aber die Einsätze der Bundeswehr im Ausland mussten noch nie aus finanziellen Gründen abgesagt werden.

Freie Presse 31.07.2008

Freie Presse: Was wünschen Sie Ihrem Nachfolger?

Naumann: Immer eine glückliche Hand. Und was noch wichtig ist: Stets ein gutes Zusammenwirken mit allen Entscheidungsträgern und vor allem mit den Bürgern.

Vivus: Hier fallen mir die Worte vom Fernsehmoderator und Autor Peter Hahne ein, der einmal sagte: In unserer zerfahrenen Zeit brauchen wir Menschen, die sich sammeln und nicht zerstreuen. Die sich trauen und nicht verstecken, die nicht nur Tagesform haben, sondern auch Lebensziele.

Philipp: Ich wünsche meinem Nachfolger immer eine glückliche Hand bei allen Entscheidungen. Ferner hoffe ich, dass der Gemeinderat und die Angestellten im Rathaus genauso viel Einsatzbereitschaft zeigen wie bisher.